Schaflos in Mongolia-Unstimmigkeiten im Team

Der zweite Fahrtag beginnt – mitten in der Gobi, irgendwo zwischen Sand, Horizont und Google Maps. Wir sind bereits an unserem südlichsten Punkt angelangt und richten den Blick nun gen Westen. Die Luft ist klar, das Wetter angenehm bewölkt – fast zu gut, um wahr zu sein.

Österreicher in der Mongolgei

Die Nacht war… Na ja. Eine Mischung aus Jetlag, harten Betten und kühlen Temperaturen, bei denen die meisten von uns mit dem Schlaf kämpfen mussten.

Andreas allerdings hatte ein ganz anderes Problem:

„Nicht schlaflos. Schaflos.“

Sein nächtlicher Hoffnungsträger – die am Vortag organisierte, weißhaarige „Schlafgenossin“ – blieb offenbar emotional distanziert.

„Schaf wollte mich nicht.“

Trotzdem: Der Morgen ist freundlich. Wir frühstücken, ziehen uns an, klappern durch die Zähne die letzten Sandkörner aus den Stiefeln. Andreas verschwindet kurz „zur Toilette“ – und dann stehen alle in den Startlöchern. Heute geht’s fast ausschließlich Offroad. Kies, Sand, Tracks, Weite. Keine Ampeln. Kein Verkehr. Kein Plan B. Wir freuen uns auf einen Tag, der den Namen „Motorradreise“ wirklich verdient.

Gazellen, Geier und ein bisschen Wahnsinn

Schon am Vormittag schenkt uns die Gobi ein seltenes Naturschauspiel:
Eine riesige Gazellenherde – geschätzt über 300 Tiere – zieht in weiter  Entfernung an uns vorbei. Zuerst nur Bewegung in der Ferne, dann Staub, dann Silhouetten. Leicht, schnell, scheu. Ein Geschenk, das man sonst in Dokumentationen sieht – nicht auf dem eigenen Motorrad.

„Normalerweise sind die selten zu sehen – und dann gleich so viele!“

Doch es bleibt nicht bei Gazellen:

    •    Geier kreisen über den warmen Thermiken.
    •    Ein Adler zieht in majestätischer Höhe seine Bahn.
    •    Und am Boden huschen immer wieder kleine Wüstenmäuse quer über die Tracks – flink, furchtlos und ständig kurz davor, unter ein Vorderrad zu geraten.


„Habt ihr das gesehen? Diese Mäuse – dauernd auf den Pisten!“

Die Landschaft ist beeindruckend, aber auch gnadenlos. 190 Kilometer stehen am Tagesende auf dem Tacho – und jeder Einzelne wurde verdient.

Abenteuer Jeschko – 15 Kilometer Irrsinn

Gegen Mittag – bereits hungrig, die Konzentration am Limit – kommt es zur Episode „Andreas vs. Orientierungssystem“.
Mendee und ich stehen am Fuße eines Berges, wollen eigentlich Videos drehen, die Landschaft genießen, vielleicht eine Herde Pferde bestaunen…

Doch Andreas, Flo und Dan entscheiden spontan, dass sie einen eigenen Weg nehmen wollen.
Florian und Dan versuchen ihn zu stoppen – vergeblich. 15 Kilometer Offroute, ohne Guide, mit abnehmender Geduld und Sonne.

„Der geile Jeschko ist immer geil.“

Zum Glück: Empfang! WhatsApp-Standortfreigabe macht’s möglich – und wir finden uns wieder.

Mittag in der Prärie – mit Stil und Würde

Zurück bei Mendee, fahren wir noch etwa eine Stunde – dann: Mittagspause.

Die Szene? Ein einfacher Campingtisch in der endlosen Prärie. Motorräder im Halbkreis. Helme im Staub. Schuhe lose. Und auf dem Tisch:

    •    Französische Würstchen
    •    Eingelegte Gurken & Oliven
    •    Kalter Nudelsalat mit Thunfisch – zubereitet von Minde höchstpersönlich

Die Weite der Gobi


„Ein Königsmal mitten im Nirgendwo.“

Wir essen, wir trinken Wasser wie Champagner, und wir blicken auf die Strecke zurück – staubig, fordernd, wunderschön.

Nach der Mittagspause geht’s weiter. Doch die Bedingungen verschärfen sich: 40 Grad Hitze, flimmernder Horizont, der Fahrtwind wie ein Föhn. Die Piste? Vielsandig, teilweise von Dünen durchzogen, endlos weit. Wir donnern mit 60–70 km/h dahin, Guide Mindy vorneweg.

Das Gefühl: Staub im Gesicht, Salz am Hemd, Konzentration am Limit.

Dann: Ein Dorf am Ende der Welt. Tanken.

„Dan hatte noch zwei Kilometer Reichweite. Ich war voll nervös.“

Die Stimmung kippt kurz – das hätte schiefgehen können.
Andreas nutzt die Gelegenheit für seinen ersten echten Sturz – natürlich im Sand, mit Ansage.

„Original. Zum ersten Mal.“

Dan folgt ihm kurz darauf – Kupplungshebel verbogen.
Zum Glück ist Mindy nicht nur Guide, sondern auch Mechaniker – mit einem gezielten Hammerschlag ist alles wieder fahrbereit.
 

Cola, Eis & ein kleines Paradies

Nach der Werkstatt-Pause gönnen wir uns Cola und Eis, kaufen ein paar Vorräte und fahren weiter –
Richtung eines kleinen, familiären Jurten-Camps, eingebettet in eine sanfte Hügelkette.

Kein großes Resort. Keine Touristen.
Einfach nur: Ruhe, Staub, Dusche.

„Das war eigentlich ein sehr schöner Tag.“

Tagesbilanz

    •    Fahrzeit: ca. 6 Stunden
    •    Kilometer: 190
    •    Temperatur: bis zu 40 °C
    •    Tierwelt: Gazellen, Geier, Adler, Mäuse
    •    Stürze: 3
    •    Pannen: 1
    •    Bier & Tee zum Mittag: bestätigt
    •    Unstimmigkeiten im Team: klassisch Jeschko
    •    Abendstimmung: friedlich, müde, zufrieden

Ein Abenteuer am Ende der Welt 


Abend im Camp – Solardusche, Whisky & ein bisschen Pokerstress

Die Sonne sinkt langsam hinter die Hügel, die Royal Enfields kühlen im Staub aus – und wir sinken in den wohlverdienten Feierabendmodus. Mindy, unser Guide und inzwischen auch Freund, zeigt uns beim Tee die Karte für morgen. Neue Tracks, neue Ziele, neue Sandfelder. Wir nicken – entspannt, aber wachsam. Denn: Es kommt garantiert anders.

Die Dusche?
Ein Traum. Regenwasser aus dem Tank, erhitzt durch Solarpanel, angenehm warm.
Für einige von uns: pure Erlösung.

„Ich bin Warmduscher. Ich geb’s zu. Und ich brauche weiche Betten.“

Weich ist hier allerdings relativ:
Die Jurte? Wieder ein Brett mit Decke.

„So hart wie gestern. Vielleicht härter. Aber mit weniger Jetlag.“

Florian – der Techniker der Truppe – installiert uns einen kleinen WLAN-Hotspot, denn er ist der einzige mit 4G-Empfang.
So können wir wenigstens noch unsere Liebsten kontaktieren, ein paar Stories posten und uns digital mit der Welt verbinden, bevor sie wieder verschwindet im Nichts der Steppe. Und dann… Poker. Jeden Abend. Mit Whisky, mit Stirnlampen, mit Witz – und mit zunehmender Verzweiflung bei Andreas, der glaubt, er könne heute mal „das Hirn ausschalten“.

"ihr habt mich abgezockt" 
„Du hast dich selber abgezockt, Mann.“
„Immer sind’s die anderen – typisch Jeschko.“
 

Typisch

So klingt der Tag aus.
Verschwitzt, verstaubt, zufrieden.
Und mit dem festen Plan: Morgen geht’s weiter. Mit allem.