Hansjörg Xdream Franz. Der Motorradinstruktor aus Tirol hatte wieder eine Eingebung. Nachdem er bereits eine 650er BMW durch die Permafrostböden der sibirischen Tundra gejagt hat und mit der 790er KTM die Hellas Rallye bezwungen hat, stand das Nordkap am Speiseplan. Aber im Winter, 7000 Kilometer durch halb Europa fahren ? Da muss man schon ein sehr spezieller Mensch sein.
Hansjörg beschreibt seine Reise im Detail und wir dürfen sie wiedergeben
Einleitung
Projekt "Frozen" Ein neues Abenteuer steht an. Ich hoffe es wird so genial wie ich mir das vorstelle und ist nicht so dumm wie es für andere klingen mag.
#dummunddümmer
Diesmal gehts in den Norden. Abfahrt nächste Woche. Ich freu mich auf den Weihnachtsmann, die Nordlichter, Schneestürme, Lappland, das Nordkapp, die Lofoten, Rentiere, Elsa und vieles mehr. Updates auf Facebook und Instagram. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Watch out. Ach ja, natürlich mit dem Motorrad. Eh klar, oder?
Los geht´s
Hui, erster Tag heute. Als erster von der Fähre und gleich mal FAST auf die Pfeiffn gelegt. Na des wär peinlich gwesn vor allen Leuten, die schon auf der Fähre gfragt ham, ob I wo dagegengrennt bin. Hat ma glei moi die Schneid abkauft. Dachte kurz daran beim ersten Kreisverkehr links Richtung Südspanien abzubiegen. Hab mich aber dann doch nördlich gehalten. Auf den Straßen blankes Eis. Aber das geht ganz gut. Scheisse nur, wenn ein Haufen trockener Schnee draufliegt. Dann wirds unentspannt. Muss noch a bissl lockerer in der Hüfte werden, sonst hab i morgen an Muskelkater im Arsch. In Lahti hab i mi moi kurz vor die Schanzn einparkt. Auffi hams mi ned lassen. Laaaangweilig. Temperatur OK. Maximal -5 Grad. Aber windig. 300 km Gesamt.
Neuer Tag, neues Glück
Um 6 Uhr wache ich auf. Draussen ist es dunkel. Im Zimmer über mir komische Geräusche. Ich weiß nicht, ob da zwei miteinander herumkarnixkeln, oder ob es das Geräusch einer Bohrmaschine ist. Nur kurz beschäftige ich mich damit und widme mich den wichtigen Fragen: Who let the Dogs out? Wer hat die Kokosnuss geklaut? Und Who the fuck is Alice? Nur eins is sicher: God gave Rock & Roll to you
Draussen hats geschneit. Ich zieh zur Sicherheit eine zweite Unterhose an. Safety first! Ich fahr zur Tankstelle. Also wenns mich mal auf den Zuz legt, dann bestimmt bei einer Tankstelleneinfahrt. Der Neuschnee is mein Kryptonit. Zumindest am Motorradl. Ich entscheide mich trotzdem für die Seitenstrassen. Ruhig und Idyllisch ist es da. Aber nichtmal der Fuchs sagt da zum Hasen gute Nacht. Und schon gar nicht der Schneepflug. Apropos: Wenn der entgegenkommt schlackerst mit die Ohren. Die Schneefontäne hat sicher 10 Meter.
Die Fahrerei fordert mein ganzes Fahrkönnen (also eh ned viel) mich schleuderts ständig wie an Tanzbären. Bisher aber noch sturzfrei. Heute 400 km auf Seitenstrassen. Bin in Oulu. Klingt wie Hawaii, is aber kälter.
Na der Tag hat ja gut angefangen
Keine 100 Meter gfahrn und schon daglegen. Bin in an Schneehauffen reingfahrn, den I übersehen hab. Irgendwie kams mir aber generell extrem rutschig vor. Also schnell zu Tankstelle und mal Reifen gecheckt. Die Spikes hats dermassen tief in die Reifen gedrückt, dass sie kaum noch Wirkung hatten. Hab die Spikes dann neu gesetzt. Hat ca. zwei Stunden gedauert. Gott sei Dank wollt ich heut eh nicht so weit fahren. Rovanjemi war das Ziel. Hab wieder die kleinstmöglichen Straßen gesucht. Und das war phantastisch heute. Der Neuschnee war von der Strasse und ich fuhr wieder auf festem Eis. Da geht's gleich super dahin, wenn man mal im Kopf damit klar kommt. Heute keine Motorradfotos, sondern ein bissi Tierwelt. Morgen geh ich Santa besuchen. Hat irgendwer an speziellen Wunsch?
6. Tag unterwegs
Wollte in der Früh nicht aufstehen. War so gemütlich im Bett. Ich glaub das ist das Alter. Apropos Alter: Musste das vorgestern gekaufte Brot im Tee eintunken um es noch kauen zu können. Fühlte mich dabei RICHTIG alt. Bald isses soweit und ich beiß mir an einem Weißbrot die Zähne aus. Als die Putzfrau kam, bin ich dann doch aufgestanden. Hab beschlossen heut nicht weit zu fahren. Kurz diesen "obligaten" Stop beim Santa Claus und ein Foto beim Arctic Circle. Und dann mach ich mir einen gemütlichen Nachmittag. Guter Plan, wurde aber anders. Aus dem kurzen Stop beim Santa wurde ein fast 3 Stündiger Aufenthalt. So Leiwand dort. Vielleicht auch nur, weil grad wenig los is.
Gespräch mitn Santa:
Er: Woher?
Ich: Going, Nähe Kitzbühel.
Er: Haaahnenkaaaam!
Ich; Haaahnenkaaaam
Er: Wieso mit Helm da?
Ich: Motorrad
Er: KTM?
So Leiwand. Leider hat ma ned Filmen dürfen. Na wurscht. Irgendwie war ich gut drauf. Hab dann doch ein Zimmer in Inari reserviert. Das ist zwar noch 350 km weg. Aber es war ja eh erst 13 Uhr. Strasse is aber eh ziemlich gut und ziemlich gerade. Schönes glattes Eis. Also Tempomat (Jawohl, Tempomat ) auf 85, Rückenlehne Senkrecht und geht dahin. Wieso nur 85 fragt ihr Euch? Dann googelt mal den Begriff Windchill.Holla die Waldfee, heut wars frisch.
Danke an a4 functional design und Mico Sport fürs Warmhalten
Und auch wenn man nicht viel tut am Motorradl, verbrennt der Körper doch einen Patzen Energie. Deshalb muss man ab und zu auch hochwertige Nährstoffe einwerfen. Bei mir sind das hauptsächlich Pommes mit Ketchup. Fahren in der Dämmerung is geil. Das is so friedlich und wie in einem Zauberwald. Dann is aber dunkel worden und der innere Frieden weicht der Angst, irgendwann unerwartet einen Elch volley mitzunehmen. Nachtfahrten versuch ich ab sofort zu meiden. Dafür hab ich wieder eine gemütliche Hütte im Nirgendwo und bekam sogar noch eine Hausgemachte Rentiersuppe serviert. Da beißt man sich wenigstens nicht sie Zähne aus. Habe die Ehre und gute Nacht.
Zwischen Minus 2 und Minus 10
Bei jeder Reise (wie auch im Leben) gibt es Momente des Glücks und Momente der Niederlage. Heute kam beides innerhalb weniger Minuten. Aber dazu später. Der Tag begann heut mit einem Mega Frühstück. Hab ich eh schon gepostet. Die verzehrt Babyrobbe hat dann auch tatsächlich Ruhe gegeben im Magen. So waren auch die letzten finnischen Kilometer recht ereignislos. Kaum in Norwegen wurde es dann gebirgiger. Was für eine Wohltat wieder Berge, gefrorene Wasserfälle und Felsen zu sehen. Am späten Nachmittag dann auch endlich das Meer. Temperatur is gleich wie immer. Pendelt sich so zwischen - 2 und - 10 ein. Kalt wird mir fast immer nur am rechten Mittelfinger. Hab bis jetzt noch nicht herausgefunden warum. Vielleicht hab ich den einfach schon zu oft benutzt im Laufe meines Lebens.
Dann fahr ich so dahin - 100 km vorm Nordkap und sinnier so meditative vor mich hin. "a coole Socke bin i schon" denk ich so bei mir, fahr über eine Kuppe und seh ein Motorrad, das mir entgegenkommt. Wir Bremsen natürlich beide, begrüßen uns euphorisch. Is das ein Mädl aus Spanien auf einer GSXR. Sie kommt grad vom Nordkap. Mist, voll herbrennt Da glaubst du echt, du bist a cooler Hund und dann gibt's halt immer wen noch verrückteren. Auf einer Gixxer im Winter ans Nordkap. Was für an Pecker musst da bitte haben? Neben ihr bin i ma vorkommen wie a deutscher Tourist in Kitzbühel, der das Fahrwerk von sein SUV um 10 cm höher stellt und die elektronische Sperre einehaut weils 2cm geschneit hat. Ihr dürft mich ab sofort Karl-Friedrich nennen .
Schwer erniedrigt bin ich dann in den Sonnenuntergang geritten. Nein ernsthaft. Solche Begegnungen sind einfach genial. Der kurze Plausch am Straßenrand mit gleichgesinnten. Ein Händedruck ein High Five ein anerkennendes Nicken und jeder geht wieder seinen Weg. Mich inspiriert das unglaublich und bereitet mir so wahnsinnige Freude. Wenn wer nach dem "warum" fragt. Das ist einer der Gründe.
Ich näher mich dem Nordkap und der Wind blast mich fast von der Strasse. Manchmal so schlimm, dass es richtig gefährlich ist und ich überlege abzubrechen. Selbst in der Rechtskurve muss ich mich mit aller Kraft nach links legen, um nicht von der Strasse geweht zu werden. Halten mich die Spikes? Wann reißt der seitliche Grip? Wohl ist mir nicht, aber it Mut und Selbstvertrauen geht auch das. Jetzt bin ich in Honningsvåg. Noch 20 km bis zum Nordkap.
Bin ein bissl im Rückstand mit meinem Berichten. Aber die Ereignisse haben sich in den letzten Tagen quasi überschlagen. Also wir waren beim 9. Februar. Ich mach mich schon um 8 Uhr auf den Weg Richtung Nordkap. Es sind zwar nur 26km und der Konvoi fährt um 11 Uhr. Also es ist so: die letzten 13 Kilometer können im Winter eigentlich nur in einem Konvoi hinter einem Schneepflug gefahren werden, weil das Wetter, der Wind und die Verwehungen so extrem sind. Ob ich mit dem Motorrad überhaupt in den Konvoi darf, ist ebenfalls fraglich. Dann hab ich noch erfahren, dass es in den letzten 3 Wochen nur an 3 Tagen möglich war, überhaupt ans Kap zu fahren. Also wollte ich früh genug dort sein und gut vorbereitet sein.
Das erste "Problem ließ nicht lange auf sich warten. Die Sonne ging auf. Diese Lichtstimmung ist nicht in Worte zu fassen. Es ist eine Symphonie aus allen bekannten Rottönen über dem weiß bis golden glänzenden Schnee. Und das ganze abgerundet mit dem tiefen schwarzblau des Meeres. Du weißt nicht wo du hinschauen sollst und dir steht einfach nur der Mund offen vor Ehrfurcht vor diesem Naturspektakel. Und der Sonnenaufgang da oben dauert dann auch noch gut zwei Stunden.
Habs dann trotz der vielen Fotostopps zur Schranke geschafft. Und - oh Wunder - sie war offen. Also los geht's! Ganz einsam und allein fahr ich über das Nordkap Plateau. Die Sonne scheint, der Wind weht nur leicht. Und auch wenn das Eis auf der Strasse nicht anders ist als die 1500km davor, fahr ich besonders vorsichtig. Ich bin richtig nervös und aufgeregt. Mir is warm Und ich merke, dass ich etwas verkrampft fahre. Dass das so cool und aufregend ist, hätt ich nicht gedacht.
Ankunft um 09:30 am Nordkap. Völlig allein noch zu der Zeit. Das Museum und der Souve iershop öffnen erst um 11 Uhr, wenn die Busse von den Kreuzfahrtschiffen kommen. Ich bleibe bis ca. 13 Uhr. Schau mir das Museum an und plauder mit unzähligen Leuten und pose für Fotos . Als Motorrad Fahrer im Winter am Nordkap bist eine Attraktion. Ich hätt Geld verlangen sollen.
Dann retour nach Honningsvåg. Eigentlich wollt ich ja gleich weiter Richtung Alta. Aber am Abend zuvor haben mich zwei Krabbenfischer - Kim und Linas - angesprochen und mich zum Krabbenessen aufs Boot eingeladen. Das lass ich mir nicht entgehen! Also eine Nacht länger geblieben, eine Führung aufm Fischerboot bekommen und mich mit ca. 2 Kilo fangfrischen King Crabs vollgestopft. Außerdem weiß ich jetzt alles über den norwegischen Fischfang und ebenso alles über Krabben und Shrimps in Tuben und Dosen. Extrem cooles und lässige Erlebnis, auch noch was gelernt und Einblick ins Leben der Krabben und Shrimpfischer bekommen. Auch ein Grund, warum Reisen mit dem Motorrad einfach geiler ist, als mit dem Auto. Mega Tag!
Brutaler Seitenwind
Der nördlichste Punkt Europas war also erreicht und somit geht's wieder Richtung Heimat. Aber das sind auch noch fast 3000km mit vielen Highlights. Jetzt geht's mal Richtung Tromsö. Wieder ein atemberaubender Sonnenaufgang. Anschließend geht es über das Alta Plateau. Leck mich, blast da der Wind. Es ist ein Kampf über 100 Kilometer. Vor allem kämpf ich, dass ich bei dem Wind auf der Strasse bleibe. Über 3 Stunden lang muss ich mich gegen den Wind legen und wild am Lenker zerren, damits mich nicht von der Strasse weht. Mir geht a bissl da Reiss, muss ich zugeben. Gegen Mittag schaff ich es nicht mehr mich zu konzentrieren. Brutaler Seitenwind und die Temperatur sinkt auf - 15 Grad. Bei 80 Kmh Geschwindigkeit ist das eine gefühlte Temperatur von - 30 Grad. So fühlt es sich auch tatsächlich an. Die Kälte zehrt an der Substanz. Aber die Landschaft ist ein Traum und der Himmel wolkenlos. Nach einer kurzen Pause geht's weiter durch Bilderbuch-Fjorde und ich such mir 100km vor Tromsö eine Bleibe.
Vorm Abendessen noch Nordlicht-Radar-App checken. Kp Index 5: 100% Wahrscheinlichkeit! Einsamen Parkplatz suchen und in Ehrfurcht erstarren ob dieses Naturwunders.
Danke Universum!
