Der Helm reicht als Schutzausrüstung – oder nicht?
Dem Gesetz nach genügt ein geeigneter Helm. Georg Scheiblauer empfiehlt jedoch dringend, auch angemessene Schutzbekleidung aus abriebfester Jacke und Hose mit integrierten Protektoren sowie Handschuhe und festes Schuhwerk zu tragen: "Schon kleinste Zwischenfälle können auf ungeschützter Haut zu schweren Verletzungen führen. Ungeeignetes Schuhwerk kann zudem die Bedienung von Fußbremse und Schaltung erschweren, ebenso wie das sichere Abstützen im Stand." Darüber hinaus sehen Versicherungen – und inzwischen auch der Oberste Gerichtshof – bei fehlender Schutzbekleidung eine Mitschuld des:der Verletzten, was zu einer Minderung von Schmerzengeld-Ansprüchen nach Unfällen führt.
Alexander Letitzki ergänzt: "Man sollte nur Helme tragen, die auch für den Straßenverkehr zugelassen sind, also der ECE-22-Regelung entsprechen. Seit 1. Jänner 2025 dürfen nur noch Helme verkauft werden, die der Erweiterung 22.06 entsprechen oder gleichwertig schützen – die Verwendung älterer Modelle ist aber weiterhin gestattet. Helme ohne ECE-Prüfung, wie z. B. Braincaps, sind hingegen unzulässig."
Durch den Verkehr schlängeln – erlaubt oder verboten?
Vor roten Ampeln oder im Stau ist das Vorfahren zwischen stehenden Fahrzeugen grundsätzlich erlaubt – allerdings nur, wenn ausreichend Platz zur Verfügung steht. Sperrlinien dürfen dabei nicht überfahren werden und das Befahren des Pannenstreifens (ohne Panne) oder der Rettungsgasse ist ebenfalls verboten und strafbar. "Das Durchschlängeln durch fahrende Kolonnen ist extrem gefährlich – in erster Linie für die Biker:innen selbst. Andere Verkehrsteilnehmer:innen rechnen nicht damit, können jederzeit ausscheren oder erschrecken und verreißen", warnt Scheiblauer.
Gelten (kostenpflichtige) Kurzparkzonen auch für Motorräder?
Richtig ist: Motorräder sind von der Gebührenpflicht in Kurzparkzonen ausgenommen, müssen keinen Parkschein ausfüllen und tun sich dementsprechend bei der Parkplatzsuche deutlich leichter. Dennoch können Halte- und Parkverbote, wie etwa das Anrainerparken in Wien, sehr wohl auch für Motorräder gelten.
Darf ich mit dem "Code 111" im EU-Führerschein überall in der EU fahren?
Mit dem "Code 111" können Besitzer:innen eines B-Führerscheins in Österreich Motorräder bzw. -roller bis 125 ccm fahren. In der EU wird diese Berechtigung derzeit nur in Italien und Lettland vollständig anerkannt. Portugal verlangt darüber hinaus ein Mindestalter von 25 Jahren, Spanien zumindest drei Jahre Besitz der Klasse B und Tschechien erlaubt nur das Lenken von Automatikfahrzeugen. In den übrigen EU-Ländern wird der "Code 111" nicht anerkannt.
Wer Fahrrad fahren kann, kann auch Motorradfahren – richtig oder falsch?
Georg Scheiblauer: "Wer Fahrrad fährt, tut sich etwas leichter, ein Gefühl für motorisierte Zweiräder zu entwickeln. Jedoch sind das Beschleunigungsvermögen und die Geschwindigkeit insgesamt weitaus höher. Jahrelange Erfahrung aus dem Pkw-Bereich hilft dann nur wenig, was die Fahrtechnik betrifft. Die Instabilität bei niederen Geschwindigkeiten, die Unbeweglichkeit bei hohen Geschwindigkeiten und die notwendige Schräglage in Kurven kommen neu hinzu. Auch die vollkommen andere Bedienung von Gas, Vorderbremse und Kupplung mit der Hand muss geübt und erstmal automatisiert werden. Es braucht auch ein eigenes 'Mindset', wenn man sich im Straßenverkehr bewegt. Mit schmaler Silhouette wird man leichter übersehen. Daher ist eine wesentlich vorausschauendere Fahrweise nötig, bei der man noch mehr für andere Verkehrsteilnehmer:innen mitdenken muss. Keine eigenen Fahrfehler zu machen genügt nicht. Außerdem müssen Notmanöver und Fahrtechnik regelmäßig trainiert werden, am besten jährlich bei einem Fahrtechniktraining. Selbst Profis machen das." Tipp des Experten: fast alle Bundesländer fördern die Teilnahme an einem Motorrad Fahrtechniktraining – mit bis zu 100 Euro.
Abschließen appellieren Letitzki und Scheiblauer, selbst passionierte Biker: "Immer wieder gibt es Motorradfahrende, die es mit Verkehrsregeln nicht so genau nehmen. Regeln im Straßenverkehr sind allerdings keine Schikane, sondern wichtig für das gefahrlose Miteinander aller Teilnehmenden. Nur wenn man sich aufeinander verlassen kann und weiß, was die anderen vorhaben, funktioniert es reibungslos und sicher."
Quelle: ÖAMTC-Öffentlichkeitsarbeit
MR/LF