Projektgegner beklagen Datenmängel bei S1



In einer Pressekonferenz machten die Umweltorganisationen Forum Wissenschaft und Umwelt und “Virus” gemeinsam mit der Bürgerinitiative “Rettet die Lobau” auf “gravierende Projektmängel” aufmerksam.

 

Das Datenmaterial der derzeit laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung sei “unzureichend und fehlerhaft”. Die Asfinag wies die Kritik in einer Aussendung zurück. Derzeit ist ein eigenes Verfahren für den Lobautunnel als Teil der S1-Verlängerung im Gange. Die UVP-Unterlagen liegen dazu in den Magistratischen Bezirksämtern in Wien-Simmering und Donaustadt, in den Gemeindeämtern in Aderklaa und Raasdorf sowie in den Rathäusern in Groß Enzersdorf und Schwechat auf. Für den 19. November ist die erste mündliche Verhandlung angesetzt.

 

S1: Bereits vor Bau falsche Annahmen?

Ein Gutachten der Technischen Universität Wien bestätige, dass schon bei der Projektplanung von falschen Annahmen ausgegangen wurde. Demnach würde der Bedarf für diese Schnellstraße noch immer mit dem Mythos der Zeitersparnis und der freien Wahl des Verkehrsmittels argumentiert. Harald Frey von der TU meinte dazu: “Im Modell wird angenommen, dass der Motorisierungrad (Zahl der Pkw pro Einwohner, Anm.) weiterhin konstant steigt. In Wahrheit ist er aber leicht rückläufig.”

 

Die Daten die derzeit bekannt sich würden auf Grundlagen beruhen, die aus der Zeit der Jahrtausendwende stammen. Dass sich die Verkehrslage in den vergangenen Jahren durch steigende Treibstoffpreise, Wirtschaftskrise und nicht zuletzt durch die Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung in Wien stark verändert habe, würde nicht berücksichtigt werden, so Frey.

Ein weiteres Problem ist laut dem Gutachter die widersprüchliche Zielsetzung des Projekts: In der Öffentlichkeit habe man immer betont, dass der Bau der S1 wichtig für die Standortsicherung Wien im internationalen Wettbewerb sei. In den vorgelegten Unterlagen stehe aber, dass die S1 in erster Linie eine Funktion für den lokalen Bereich habe. Die Bedeutung für den großräumigen Verkehr würde darin nur als “gering” bezeichnet werden.

 

Bedenken und Probleme bei der Lobauautobahn?

Bedenken anderer Art äußerte der Hydrogeologe Josef Lueger. Er hat in einem von der Bürgerinitiative in Auftrag gegebenem Gutachten die Auswirkungen des Tunnelbaus auf das Grundwasser beleuchtet. Es würde logische Beweisfehler in den Daten geben. Die Wasserstände der Oberflächengewässer im Modell wurden als unveränderlich definiert. Das ist unrealistisch.”Schwankungen im Wasserspiegel würden derzeit nicht berücksichtigt werden. Lueger forderte daher den Bau sofort zu unterbrechen und so schnell wie möglich aktuelle Daten zu beschaffen.

 

In einer Aussendung wies die Asfinag die Kritik zurück. Die Planungen für die Verlängerung der S1 mit dem Tunnel unter Donau und Lobau würden auf “besten Anrainer- und Umweltschutz” abzielen. Zudem bringe die Schnellstraße zahlreiche positive Effekte für die Wiener Bevölkerung und die Wirtschaft der gesamten Region. Die von der Asfinag erstellten Verkehrsprognosen würden sich auf das Jahr 2025 beziehen. Verkehrspolitische Maßnahmen seien daher im Modell berücksichtigt worden.

 

Politik bezieht Stellung

Auch Wiener Politiker bezogen zum Bau Stellung. Größtenteils Unterstützung bekam die Asfinag von der Stadt-FPÖ. Der Bau der “Entlastungsstraße S 1″ dürfe nicht verzögert werden, nur weil ein paar “grüne Hanseln” das Gras wachsen hören, betonte deren Verkehrssprecher Anton Mahdalik in einer Stellungnahme. Lediglich eine kleine Änderung der Trassenführung im Bereich Essling/Groß Enzersdorf müsste zum Schutz der Anrainer vorgenommen werden.

Der grüne Wiener Verkehrssprecher Rüdiger Maresch zeigte sich in einer Aussendung hingegen über die “Schlampigkeit und Oberflächlichkeit” der Gutachten der Asfinag überrascht.

 

Am Ende des Verfahrens könne daher aber nur ein negativer UVP-Bescheid stehen, “wenn es dabei mit rechten Dingen zugeht”, so Maresch. Die Umweltorganisation Greenpeace stellte in einer Reaktion die Sinnhaftigkeit des gesamten Projektes infrage: In Zeiten, wo Pendler vermehrt auf Öffentliche Verkehrsmittel umsteigen würden, solle das Geld in das Wiener U-Bahnnetz und in die Anbindung des Wiener Umlands investiert werden anstatt Milliarden für einen “unnötigen und sauteuren Autobahntunnel” auszugeben, hieß es.

 

Publikation: APA